UPGRADE | Wenn das Team den monatlichen Dienstplan selbst organisiert
Der Idee einer selbstorganisierten Dienst- und Arbeitsplanung geht das KZU Kompetenzzentrum Pflege und Gesundheit mit einem Pilotprojekt nach. In unserer Serie «UpGrade – Bestehendes erneuern und verbessern» begleiten wir die Einführung neuer Systeme und berichten laufend über Fortschritte.
Lanciert wurde die Idee von Marlies Petrig, Geschäftsleitungsmitglied beim KZU, welches an vier Standorten im Zürcher Unterland 240 Pflegeplätze anbietet. «Jeder Dienstplan ist ein Kunstwerk», sagt die Leiterin Health Care Services. Den Bedürfnissen der Mitarbeitenden trotz Personalmangel bestmöglich zu entsprechen, ist enorm herausfordernd. Aber zentral. Denn die Forschung zeigt klar auf, dass die Vereinbarkeit von Arbeit, Familie und Freizeit ein Erfolgsfaktor erster Ordnung ist für die Arbeitszufriedenheit und die Verweildauer der Mitarbeitenden im Betrieb. Trotz sorgfältiger Planung erfahren viele Institutionen, dass das «Kunstwerk Dienstplan» oft eine kurze Halbwertszeit hat. Kaum ist der Plan veröffentlicht, werden Dienste abgetauscht. «Für die Vorgesetzte, die ihr Bestes gegeben hat, kann das frustrierend sein», so Marlies Petrig. «Andererseits ist die passive Rolle auch für die Mitarbeitenden unbefriedigend.»
Als Marlies Petrig im Gespräch mit einer Kadermitarbeiterin des Spital Männedorfs erfuhr, dass dort einzelne Teams ihre Dienstpläne selbst erstellen, stellte sie die Idee auch im KZU zur Diskussion. Anfänglich stiess sie nicht überall auf Begeisterung. Doch nach dem Erfahrungsaustausch mit dem Spital Männedorf, an welchem auch das HR und die Teamleiterin einer Pflegewohngruppe teilnahmen, sprang der Funke. Das Unternehmen entschied, ein Pilotprojekt zu lancieren.
In den letzten Monaten hat das KZU viele Grundlagen erarbeitet. So wurden generelle Regeln für den gemeinsamen Planungsprozess formuliert. Beispielsweise: «Wir sind fair miteinander und bleiben stets im Gespräch», oder «Wir sind alle gemeinsam für den Gesamtplan verantwortlich, sodass am Ende für alle ein akzeptabler Dienstplan steht.»
Zudem mussten arbeitsrechtliche Fragen geklärt werden – auch deshalb war das HR von Anfang an ins Projekt integriert. Bisher stand das Thema Arbeitsrecht für die meisten Mitarbeitenden nicht im Fokus, weil die Planungsverantwortung bei der Vorgesetzten lag. Neu muss jedes Team-Mitglied über Ruhezeiten nach dem Spätdienst oder maximale Anzahl Arbeitstage Bescheid wissen.
Schliesslich galt es, den monatlichen Planungsrhythmus zu bestimmen. Das KZU hat drei Planungsphasen definiert: In den ersten zwei Wochen jedes Monats geben die Mitarbeitenden am Stations-PC im Polypoint PEP Programm selbständig den eigenen Dienstplan für den übernächsten Monat ein. Die dritte Woche wird als Diskussionswoche genutzt, wo Planungskonflikte oder Fehlplanungen thematisiert und Lösungen gesucht werden. In der vierten Woche wird der Plan nochmals überprüft und letzte Planungsprobleme bereinigt. Bei noch immer bestehenden Konflikten passt die Vorgesetzte den Plan so an, dass alle Dienste gedeckt sind. Dies gelte es aber wenn möglich zu vermeiden, heisst es dazu im internen Grundlagenpapier des KZU. Denn das Ziel ist, dass das Team gemeinsam eine einvernehmliche Lösung findet.
Noch bevor das Pilotprojekt in die Umsetzungsphase gestartet ist, hat sich etwas verändert, so Marlies Petrig: «Die Idee hat in unserem Betrieb grosse Neugierde ausgelöst. Ich spüre zwar auch eine gewisse Skepsis, ob sich der Aufwand lohnt. Doch grundsätzlich kann uns nichts Besseres passieren, als wenn Mitarbeitende und Vorgesetzte den Prozess mit Neugierde verfolgen.» Denn für Marlies Petrig geht es um mehr als eine neue Art der Arbeitsplanung. Ihre Vision ist, Hierarchien abzuflachen und mehr Selbstorganisation und Selbstwirksamkeit zu ermöglichen. Die Leiterin Health Care Services ist überzeugt, dass der zunehmende Anteil an jungen Mitarbeitenden sich noch aktiver einbringen will, mehr Mitverantwortung übernehmen und den Arbeitsalltag vermehrt prägen möchte. Das Projekt Dienstplangestaltung durch das Team kommt diesem Bedürfnis entgegen.
Gleichzeitig bekräftigt das KZU mit innovativen Modellen sein Bestreben, die Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Freizeit weiter zu verbessern. In der aktuell angespannten Arbeitsmarktsituation positioniert sich das Unternehmen im Branchenumfeld somit als attraktive Arbeitgeberin und setzt weniger auf Alternativen wie Arbeitszeitverkürzung oder zusätzliche Lohnanreize zu setzen.
Ob sich die gemeinsame Dienstplangestaltung im Alltag bewährt, wird sich ab Januar 2023 zeigen. Dann startet auf der Pilot-Wohngruppe die Umsetzungsphase mit der Planung des Dienstmonats März. Funktioniert der Systemwechsel auf Anhieb? Wo wird es knifflig? Muss die Vorgesetzte gar ein Machtwort sprechen?
Das KZU Kompetenzzentrum Pflege und Gesundheit bietet in Pflegezentren und Pflegewohnungen an den Standorten Bassersdorf, Embrach, Nürensdorf und Winkel insgesamt 240 Pflegeplätze an. Das KZU beschäftigt 450 Mitarbeitende und bildet rund 70 Lernende und Studierende in 17 verschiedenen Berufsgruppen aus.
Zurück